Sonntag, 11. November 2007

Deepavali – Gedangsa – Mittwoch






Nach Schulschluss sprinte ich mit meinem Fahrrad nach Hause, dusche mich und schmeisse die letzten Sachen in meinen Koffer. Dingdong, da klingelt es schon. Meine Klassenkameradin und ihr Vater holen mich ab. Wir fahren in ein anderes Wohngebiet, wo Kavithas Mutter und ihre Schwester zusteigen. Ich merke schnell, dass ich in einer ganz einfachen Familie gelandet bin. Kavithas Eltern koennen nicht gut Englisch sprechen, deshalb fuehren wir ab nun unsere Unterhaltungen in Malaiisch. Kavitha bringt mir auf der rumpeligen Autofahrt einfache Redewendungen in der indischen Sprache Tamilisch bei. Wir sind auf dem Weg zum Haus von einem der zehn Onkeln Kavithas. Sein Haus befindet sich in einem echten, traditionellen, total abgelegenen Kampungs an der Grenze zwischen selangor und Perak. Logging-Trucks und Lastwagen vollbeladen mit den blutroten Fruchttrauben der Oelpalmen rattern an uns vorbei und diese sind warscheinlich der Grund fuer den traurigen Zustand der Strasse. Eine gradlinige Lanschaft gepraegt von den kilometerweiten oelpalmplantagen zieht an mir vorbei. Ploetzlich brummt Kavithas vater und zeigt in die Strassenboeschung. Wow, ein kleiner Aligator, in der freien Wildbahn!

Nach zwei stunden kommen wir in Gedangsa an. Gedangsa ist ein Dorf, das vor etwa 40 jahren in Zusammenhang mit dem Felda-Projekt der Regierung entstanden ist. Hier leben fast nur relativ arme Familien von Plantagenarbeitern, denen Agrarflaechen zum bearbeiten und eine einfaches Holzhaus gegeben wurde.

Jedes Jahr feiert man das Fest im Haus eines anderen Verwandten. Letztes Jahr wurde nicht gefeiert, da ein Familienmitglied gestorben war. Auch dieses jahr darf nicht grossartig gebetet werde, da die Trauerzeit noch nicht vorueber ist.

Ich begruesse die Familienmitglieder von etwa fuenf Familien mit meinen tamilischen Saetzen: Vanaakam (Guten Tag), Ninga Aepedi Irekinggae (Wie geht es ihnen?), Yenn Paere Craig (Ich heisse Craig), Naan Germanleh Irende Wandherekaeen (Ich komme aus Deutschland) und einigen anderen Floskeln. Sie beobachten mich sehr lange, da sie anscheinend noch nie so engen Kontakt mit einem Weissen hatten. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit. In der Kueche sind Tonnen von Lebensmitteln fuer eine ganze Kompanie gelagert und einige Frauen sind fleissig am kochen. Hinter dem einfachen Holzhaus befindet sich eine rivate Muelldeponie und an der ausseren Hauswand steht ein kleiner Altar. Der starke geruch der Raeucherstaebchen erfuellt die Luft. Ab und zu nimmt sich einer eine Obststueck vom Altar und isst es. Das ist moeglich, denn die Nahrungsmittelmuessen nur fuer ca eine halbe Stunde symbolisch geopfert werden.

Fast die Haelfte aller Familienmitglieder ist leicht oder schwerbehindert, was mcih zunaechst natuerlich irritiert. Fast alle hatten in Unfaelle Gliedmassen (Haende oder Finger) verloren. Schnell gewoehne ich mich an den Anblick und ich konzentriere mich auf andere Dinge, zum Beispiel entdecke ich eine grosse chinesische Buddhastatue direkt neben einem hinduistischen Hausaltar. Alle sprechen ausschliesslich Tamil und nur gebrochenes Malaiisch. Dennoch versuchen sie mir so gut es nur geht etwas ueber ihre Kultur zu erklaehren. Die Maenner laufen oberkoerperfrei durchs Haus. Alle haben dicke Bierbaeuche. Ich erkunde mit Kavitha und anderen Jugendlichen das Kampung. Leider behandeln sie mich wie einen Fremden oder Ausserirdischen, was ich schon lange nicht mehr erlebt habe.

Als wir zurueckkommen bitten mich die Maenner in ihre Runde um einen niedrigen Tisch. Sie trinken Scotch und andere Destillate.

Herrlich zum Abendessen gibt es eines meiner Lieblingsgerichte: Chicken Curry. Zuerst essen die Maenner. Wir werden von den Frauen bedient. Mir wird untersagt in den naechsten Tagen meinen Teller selbst abzuwaschen. Ausserdem wird gegrillt. Das Krebsfleisch wurde nach indischem Rezept eingelegt und schmeckt nach dem Grillen hervorragend. Die ersten Knaller werden geworfen und Raketen werden gezuendet.

Mitternacht. Alle umarmen sich und schuetteln Haende. Deepavali Waltukl (Happy Deepavali)! Danach spielen wir. Ein kleines Kind zieht einen Zettel und ueberreicht ihn einem in der Runde. Dann muss derjenige, ausfuehren, was auf der Karte verlangt wird. Frauen tragen ihre Maenner. Kinder tanzen mit Senioren. Das Autoradio eines Protons vor der Haustuer und wir Tanzenden bestimmen die Gerauschkulisse. Ab und zu kommen andere zu Besuch. Eine Torte wird heraus gebracht. Ein Maedchen hat Geburtstag. Sie schneidet den Kuchen an und wie nach indischer Tradition fuettern sich die Eltern und das Kind gegenseitig, doch ploetzlich schmeisst die Mutter ihrem Mann ein Stueck Torte ins Gesicht und eine Kettenreaktion folgt. Auch mein T-Shirt bleibt nicht ungeschont. Alle lachen. Um 0300 Uhr morgens lege ich mich ins Bett.

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